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Interview

Mit der Verbindung von Gemeinnützigkeit und Unternehmertum, Beratertätigkeit und Investorendasein ist die WELLGROUP keine ganz gewöhnliche Gruppe. In ihr spiegelt sich die Handschrift von Kirstin Homburg-Kleinkauf und Uwe Kleinkauf wider, die die WELLGROUP 2009 gründeten und bis heute leiten.

In einem gemeinsamen Gespräch im mittelalterlichen Innenhof des Renthofs reflektierten sie im Sommer 2021 ihre Beweggründe und gaben Antworten auf Fragen, die im Verlauf der Zeit immer wieder an die WELLGROUP herangetragen werden.

Kirstin Homburg-Kleinkauf und Uwe Kleinkauf

Was ist der Ansatz der WELLGROUP?

Kirstin: Grundgedanke ist, dass wir Menschen und Unternehmungen befähigen wollen, neue Ideen zu entwickeln, sinnvoll tätig zu werden und so zu einer lebenswerten Zukunft beizutragen. Wir gehen dabei den eher untypischen Weg strategischer Investor, fachlicher Unterstützer, Netzwerk und Stiftung zugleich zu sein.

Uwe: Bezogen auf den unternehmerischen Teil: Wir geben mit unseren Investitionen denjenigen einen Vertrauensvorschuss, die mutig sind, neue Wege einzuschlagen, um heutige Herausforderungen zu meistern. Dafür bewerten wir entsprechend Geschäftsideen und Geschäftsmodelle und beteiligen uns an jungen Unternehmen bzw. Unternehmen in Übergangssituationen, die uns überzeugen.

Für unsere fachliche Unterstützung haben wir über Jahre ein Team aus Expert*innen zusammengestellt mit dem wir in der Breite der Geschäftsentwicklung beraten können. Als WELL development übernehmen wir dabei einige Aufgaben zentral für unsere Beteiligungen, wie z.B. Buchhaltung, IT oder die Beantwortung einiger Rechtsfragen. Wir stehen hier also im besten Sinne für Rat und Tat.

Kirstin: Das trifft so auch auf die WELL being Stiftung zu. Wir bieten hier mit unserem Team selbst Projekte der Kinder- und Jugendbildung an und fördern Verwaltungsstellen anderer Initiativen. Immer mit dem Ziel, dass diese ihren gesellschaftlichen Mehrwert unter Beweis stellen können und anschließend von der Stadt oder anderen Trägern fortgeführt werden.

Ich glaube, unsere Philosophie kommt am besten durch die UK14 zum Ausdruck. Wir verstehen den Ort als Zukunftsspielwiese zur Entwicklung neuer Ideen. Die UK14 ist sowohl Sitz der WELL development GmbH als auch der WELL being Stiftung. Und das Nutzungskonzept des Eventbereichs sieht vor, dass er zu 1/3 gemeinnützig genutzt wird – insb. durch das Schultheaterzentrum Nordhessen – in der restlichen Zeit durch kulturelle oder kommerzielle Veranstaltungen.

„Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind.“
Albert Einstein

Wie kam es zur Gründung der WELLGROUP?

Kirstin: Uwes Vater war bereits 1981 so visionär mit drei Studenten die Solarfirma SMA zu gründen. Mit der erfolgreichen Entwicklung von SMA und dem Börsengang 2008 mussten wir uns auf einmal mit der Frage auseinandersetzen, wie wir mit den neuen Chancen und Freiräumen umgehen wollen, die uns dieser Erfolg ermöglichte.

Wir waren damals mit Ende 30 in einer völlig neuen Situation. Uns wurde dann recht schnell klar, dass wir aktiv etwas aufbauen und gestalten wollten, anstatt lediglich anonym in irgendetwas zu investieren. Sehr passend finde ich damals wie heute den Spruch: „Verantwortlich ist man nicht nur für das, was man tut, sondern auch für das, was man nicht tut.“

Uwe: Ja, und eine wesentlicher Antrieb waren dabei die Gedanken an die Zukunft, die wir unseren Kindern hinterlassen bzw. für sie schaffen wollen. Ich denke da an Klimakrise, gesellschaftlichen Zusammenhalt, mehr Chancengleichheit. Die Herausforderungen sind riesig. Wir wollen hier unseren Beitrag leisten, indem wir sinnvoll wirtschaften. D.h. mit unternehmerischem Handeln erfolgreich zu sein und dabei ökologische und soziale Herausforderungen zu lösen – anstatt neue zu kreieren oder bloß an Symptomen herumzudoktern.

Für mich ist das zum wichtigen Lackmus-Test geworden: Habe ich eine wirklich überzeugende Erklärung für meine Kinder, womit ich mich 40+ Stunden pro Woche beschäftige anstatt eben diese Zeit mit ihnen oder anderen schönen Dingen verbringe?

„Verantwortlich ist man nicht nur für das, was man tut, sondern auch für das, was man nicht tut.“
Laotse

Welche Rolle spielt Kassel und die Region Nordhessen für die WELLGROUP?

Uwe: Eine große – allerdings keine ausschließliche. Kassel ist unsere Heimat: Wir sind hier geboren und aufgewachsen. Wir finden es sinnvoll, uns insbesondere dort zu engagieren, wo wir leben und mit Menschen in Beziehung stehen. Noch dazu ist Kassel mittlerweile zwar eine dynamische, aber weiterhin strukturschwächere Region, wo es umso mehr zu tun gibt.

Wir sind dabei aber nicht engstirnig. Wichtiger als eine räumliche Begrenzung ist uns das Prinzip einen hohen Anteil regionaler Wertschöpfung überall dort zu realisieren, wo wir aktiv sind. Ob es nun Kassel, Köln oder Hamburg ist.

WELL development ist in den Bereichen Energie, Ernährung und Lebensräumen aktiv – warum diese Bereiche?

Uwe: Energie und Ernährung hatten wir von Anfang an im Blick. Sie sind für uns zwei Seiten derselben Medaille, die beiden Schlüsselsektoren für die Bewältigung der Klimakrise. Im Energiebereich war es nur logisch, an unseren Erfahrungsschatz anzuknüpfen und diesen weiter zu nutzen. Ernährung war darüber hinaus für uns ein wichtiges Thema der Lebenskultur sowie der Gesundheit und persönlichen Entwicklung. Letzteres wird insbesondere deutlich, wenn wir uns die Verpflegungssituation in Schulen und Kitas anschauen.

Kirstin: Mit dem Projekt Renthof entwickelte sich der Bereich „Lebensräume“ für uns. Als Architektin hatte Raum schon immer eine besondere Bedeutung für mich. Und Wirksamkeit ist immer auch an einen Ort gekoppelt. Wenn wir eine lebenswerte Zukunft gestalten und Menschen zusammenbringen wollen, wenn wir neue Ideen zum Leben erwecken wollen, brauchen wir Orte des Zusammenkommens. Diese Orte sollen eine eigene Ästhetik und Formsprache haben, sodass sie Menschen inspirieren und von ihnen angenommen werden. Das Feedback zur Belebung von Orten wie dem Renthof oder der UK14 ist toll und für uns auch persönlich sehr motivierend.

„Vorstellungen brauchen Räume und Austausch.“

Wie kommt die WELL an neue Akquisitionen?

Uwe: Was neue Unternehmungen angeht, verfolgen wir keinen vorher festgelegten Masterplan mit Übernahme- oder quantitativen Wachstumszielen. Vielmehr bewerten wir die jeweilige konkrete Situation und schauen, ob ein Unternehmen zu unseren Zukunftsvorstellungen passt und ein sinnvolles Geschäftskonzept hat. Wichtig ist es uns dabei in andauerndem Austausch mit unserem Netzwerk zu sein. Die meisten Beteiligungen ergaben sich daraus, dass wir direkt angesprochen wurden.

Die WELLGROUP besteht nicht nur aus Unternehmen, sondern auch aus zwei Stiftungen. Wie entwickelte sich der Stiftungsgedanke?

Kirstin:Mit der WELL being Stiftung wollen wir für Kinder und Jugendliche in Nordhessen Zukunftsperspektiven entwickeln. Die Stiftung soll insbesondere junge Menschen dazu befähigen, sich zu entfalten und Organisationen ermöglichen, sinnvoll zu wirken. Durch unsere Arbeit möchten wir zum gesellschaftlichen Wandel beitragen. Unsere Leitvorstellung ist dabei eine solidarische Gesellschaft, die im Einklang mit der Umwelt steht und die sich kritisch-kreativ mit sich selbst auseinandersetzt.

Uwe: Darüber hinaus wollen wir mit der Wissenschaftsstiftung-Kleinkauf die Erforschung und Lehre auf dem Gebiet nachhaltiger Energiesysteme weiter vorantreiben. Ohne die Weitsicht und Offenheit der Uni Kassel bereits in den 1970er Jahren in Sachen Erneuerbarer Energien, wäre Nordhessen heute kein „Grüner-Energiemeister“ mit zigtausenden Arbeitsplätzen in der Branche. Wir wollen dieses Engagement weiter unterstützen und fördern Lehrstühle und Forschungsvorhaben (vorrangig) an der Uni Kassel.

Zu guter Letzt: Ihr engagiert euch vor allem in Nordhessen. Warum die englische Bezeichnung?

Kirstin: Im Kern wollen wir für eine gute Entwicklung sorgen. WELL development hört sich in unseren Ohren richtig und gut an. Die „Gute Entwicklung GmbH“ oder „Wohlergehen-Stiftung“ klingt da doch etwas putzig.

Uwe: Vielleicht drückt sich dadurch auch noch mal unser Ansatz aus, global und weltoffen zu denken, vor allem regional zu wirken und dabei nicht dogmatisch zu sein.

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